Kann ich mit Winterreifen im Sommer fahren – und soll ich?

Haben Sie schon einmal im April Ihr Auto angesehen und sich dabei gedacht: „Ach, die Winterreifen lass ich noch ein bisschen drauf“? Mit diesen Gedanken sind Sie nicht allein. Viele Autofahrer überlegen sich, ob sie sich den Reifenwechsel einfach sparen.

Warum sollte man zweimal im Jahr die Reifen wechseln und dafür so viel Geld ausgeben? Das Profil ist noch gut genug und die Reifen lassen sich sehr gut fahren.

Die eigentliche Frage dreht sich aber nicht darum, ob man Winterreifen im Sommer fahren kann. Man sollte sich die Frage stellen, ob man dies überhaupt tun sollte. Die Antwort darauf ist technisch gesehen, ja. Aber es gibt einige Haken, die man wissen sollte.

Bevor Sie sich also dafür entscheiden, die Winterreifen aus Zeit- oder Geldgründen im Sommer draufzulassen, sollten Sie wissen, was dies zuerst für Ihre Sicherheit, das Geld und für Ihr Auto bedeutet.

Was ist das Besondere an Winterreifen?

Winterreifen sind speziell für Kälte entwickelt worden. Sie halten auch Temperaturen unter minus 7°C stand. Sie bestehen aus einer weicheren Gummimischung, die bei Minusgraden geschmeidig bleibt. (mehr über Reifentechnologien). Durch diese Flexibilität passt sich die Lauffläche besser an Schnee und Eis an. Dadurch wird automatisch für eine viel bessere Haftung gesorgt.

Zu den wichtigsten Eigenschaften der Winterreifen gehören:

  • weiche Gummimischung, die auch bei starker Kälte elastisch bleibt
  • sie verfügen über tiefe Profilrillen, die den Schnee ableiten
  • sie weisen Lamellen auf, die die Traktion auf vereisten Oberflächen verbessern

Fahren Sie durch Schneematsch oder auf eisigen Straßen, dann sind diese genannten Eigenschaften sehr wichtig. Aber sobald das Quecksilber zu steigen beginnt, verhalten sich Winterreifen anders, und zwar nicht auf eine gute Art.

Kann man Winterreifen im Sommer verwenden?

Reifen mit grobem Winterprofil, in einer Reihe aufgestellt, Nahaufnahme
Winterreifen nutzen sich im Sommer schneller ab und verlängern den Bremsweg auf trockener Fahrbahn

Technisch gesehen, ja. In den meisten Ländern gibt es kein Gesetz, das die Verwendung von Winterreifen im Sommer verbietet. Die Vorschriften beziehen sich in der Regel darauf, dass Winterreifen in den kälteren Monaten, zum Beispiel von November bis April, vorgeschrieben sind, und nicht darauf, dass sie danach verboten sind.

Wenn Sie sich also fragen: „Darf man das ganze Jahr über Winterreifen benutzen?“, sind Sie rechtlich gesehen auf der sicheren Seite. Allerdings ist Legalität nicht gleich Sicherheit. Ebenfalls sollten Sie dabei die Leistung als auch die Kosteneffizienz immer im Blick behalten.

Wir möchten Ihnen im Folgenden erklären, warum Winterreifen im Sommer ein Risiko sind. Es gibt einige Gründe dafür, warum man Winterreifen in der warmen Jahreszeit nicht fahren sollte.

1. Sie nutzen sich viel schneller ab

Hierbei geht es um die weiche Gummimischung, über welche wir bereits berichtet haben. Diese Mischung wird bei warmen Temperaturen weich. Das bedeutet, dass sich die Reifen im Vergleich zu Ganzjahres- oder Sommerreifen viel schneller unter den gleichen Bedingungen abnutzen.

Werden Winterreifen in den warmen Monaten verwendet, kann sich die Lebensdauer der Reifen bis zu 60% verkürzen. Normalerweise hält ein Reifensatz 3 bis 4 Winter stand. Werden die Reifen aber auch im Sommer angewendet, können sie möglicherweise nur 2 Winter anstatt 3 oder 4 überstehen.

Das bedeutet, dass die Reifen häufiger ersetzt, neu gekauft, werden müssen. Wenn Sie also denken, dass Sie sich Geld sparen, wenn Sie die Winterreifen auch im Sommer fahren, haben Sie sich geirrt.

2. Bremsen und Handling lassen nach

Die Leistung leidet bei Hitze. Winterreifen verlieren ihre Struktur und Reaktionsfähigkeit, wenn sich der Straßenbelag aufheizt. Die Lenkung wird unpräziser, das Kurvenverhalten gleich viel schwieriger und der Bremsweg verlängert sich.

In verschiedenen Tests, die wir durchgeführt haben, brauchte ein abgenutzter Winterreifen, der beim Bremsen aus 80 km/h noch mit 40 km/h unterwegs war, viel länger zum Anhalten als ein neuer Sommerreifen, der zu diesem Zeitpunkt bereits zum Stillstand gekommen war.

Diese Unterschiede können für einen Unfall verantwortlich sein. Es ist wichtig, dass Sie wissen, dass Winterreifen im Sommer einfach nicht so gut wie Sommerreifen bremsen können. Vor allem auf heißem oder nassem Asphalt zeigen sie keine gute Leistung.

Auto mit Sommerreifen bei Sonnenuntergang auf warmer Asphaltstraße, Nahaufnahme des Vorderrads
Bei 30 °C verlängert sich der Bremsweg mit Winterreifen auf trockener Straße um bis zu 16 % im Vergleich zu Sommerreifen

3. Das Aquaplaning-Risiko steigt

Winterreifen verfügen über ein Lamellenprofil, das speziell für Grip auf Schnee und Eis konzipiert wurde. Das Profil eignet sich nicht für hohe Geschwindigkeiten oder für Wasserableitungen. Die Reifen können das Wasser auf regnerischen Sommerstraßen nicht effizient ableiten.

Gleichzeitig bedeutet dies, dass das Aquaplaning-Risiko steigt. Sie denken vielleicht daran, dass Sie Geld sparen möchten, aber bedenken Sie auch, dass Sie gleichzeitig dadurch Ihre eigene Sicherheit dadurch gefährden.

4. Die Kraftstoffeffizienz wird beeinträchtigt

Winterreifen haben einen höheren Rollwiderstand. Das bedeutet, dass Ihr Motor härter arbeiten muss, um das Auto zu bewegen. Dabei wird auch mehr Kraftstoff verbraucht.

Winterreifen im Sommer können den Kraftstoffverbrauch spürbar erhöhen, insbesondere bei Autobahngeschwindigkeiten. Über einige tausend Kilometer summiert sich das, besonders bei den heutigen Kraftstoffpreisen.

5. Reifen können beschädigt werden

Für Winterreifen ist es bei Hitze schwer zu überleben. Sie sind nicht dafür ausgelegt, hohen Sommertemperaturen auf der Straße standzuhalten. Die Gummimischung kann sich zersetzen oder sogar brechen. Zudem können sich die Laufflächen ungleichmäßig abnutzen. Am Ende haben Sie vielleicht Reifen, die nicht nur abgenutzt, sondern auch strukturell beschädigt sind.

Was passiert, wenn Winterreifen das ganze Jahr gefahren werden?

Mehrere Winterreifen in einer verschneiten Waldlandschaft, Nahaufnahme eines Reifens im Vordergrund
Winterreifen bleiben bei Temperaturen unter 7 °C weich und bieten so besseren Grip auf Schnee und Eis

An dieser Tabelle können Sie einfach erkennen, was wirklich passiert, wenn Sie Ihre Winterreifen das ganze Jahr überfahren:

Problem Winterreifen im Winter Winterreifen im Sommer
Grip & Handling Sehr gut Schlecht – Gummi wird zu weich
Bremsweg Kurz auf Schnee und Eis Auf trockenen und nassen Straßen länger
Laufflächenverschleiß Normal schneller
Kraftstoffeffizienz Normal bei kalten Temperaturen Schlecht bei warmen Temperaturen
Aquaplaning-Risiko Niedrig Hoch
Fahrkomfort Für kalte Straßen entwickelt Laut und instabil bei Hitze

Viele Autofahrer denken, dass Sie Geld sparen, wenn sie das ganze Jahr über mit den gleichen Reifen fahren. Doch aufgrund der schlechten Leistung, der kürzeren Lebensdauer und des geringeren Kraftstoffverbrauchs ist dies auf lange Sicht oft teurer.

Zahlt die Versicherung bei einem Unfall mit Winterreifen im Sommer?

Das kommt darauf an. Zwar sind Winterreifen im Sommer nicht verboten, dennoch kann Ihnen die Versicherung einige Fragen stellen. Vor allem dann, wenn die Reifen in keinem guten Zustand mehr sind. Waren die Reifen stark abgenutzt oder das Bremsverhältnis hat zum Unfall beigetragen, muss die Versicherung nichts zahlen.

Informieren Sie sich immer über die örtlichen Versicherungsrichtlinien. Vergewissern Sie sich außerdem immer, ob Ihre Reifen sicher sind. Das Profil der Reifen muss innerhalb der gesetzlichen Profilgrenzen liegen.

Winterreifen im Sommer – bessere Alternativen

Reifen mit Sommerprofil, Nahaufnahme mehrerer Reifen im warmen Sonnenlicht
Sommerreifen sorgen bei Hitze für kürzere Bremswege und mehr Fahrstabilität als Winterreifen

Möchten Sie Winterreifen das ganze Jahr über verwenden, dann sollten Sie sich Alternativen ausdenken. Alternativen, die sicherer auf den Straßen sind:

Sommerreifen

  • sie eignen sich für Temperaturen über 7°C
  • härtere Gummimischung für bessere Hitzebeständigkeit
  • bessere Haftung und Kurvenlage auf trockenen und nassen Straßen
  • kürzeste Bremswege bei warmem Wetter

Leben Sie an einem Ort mit heißen Sommern und milden Wintern, sollten Sommerreifen kein Problem sein. Es sollte sich in ihrer Region kein Schnee befinden.

Ganzjahresreifen

  • eine gute Balance für gemäßigte Klimazonen
  • gute Leistungen bei Nässe, Trockenheit und leichtem Schneefall
  • kann das ganze Jahr über in Gegenden verwendet werden, in denen es nicht viel Eis oder Tiefschnee gibt

Achten Sie auf das 3PMSF-Symbol (Three-Peak Mountain Snowflake), wenn Sie sich für Ganzjahresreifen entscheiden möchten.

Saisonaler Reifentausch

Für Fahrer in kälteren Klimazonen ist der Wechsel zwischen Winter- und Sommerreifen (oder Ganzjahresreifen) zweimal im Jahr sehr wichtig.

  • hält jeden Reifensatz in besserem Zustand
  • verlängert die Lebensdauer beider Reifen
  • sorgt für Spitzenleistung zu jeder Jahreszeit

Es gibt Reifenhändler, bei welchen Sie Ihren Reifensatz für die Nebensaison einlagern können. Dadurch sparen Sie sich jede Menge Platz in Ihrer Garage.

Wann Sie wieder auf Sommer- oder Ganzjahresreifen umsteigen, sollten:

Reifen, in der Mitte geteilt: linke Seite Sommerreifen-Profil, rechte Seite Winterreifen im Schneefall
Unter 7 °C bieten Winterreifen mehr Sicherheit, darüber sind Sommerreifen die bessere Wahl

Eine gute Faustregel ist der Wechsel, wenn die nächtlichen Temperaturen konstant über 7°C liegen. An den meisten Orten ist dies etwa Mitte bis Ende April der Fall.

Wenn Sie zu lange warten, werden Ihre Winterreifen unnötig beansprucht und die Sicherheit beeinträchtigt. Sind Sie im Juni oder Juli immer noch mit Winterreifen unterwegs, dann ist definitiv Zeit für einen Wechsel.

Einige praktische Reifentipps

  • Wechseln Sie Ihre Reifen alle 8.000-10.000 km, um einen gleichmäßigen Verschleiß zu gewährleisten.
  • Prüfen Sie den Reifendruck monatlich, insbesondere bei Temperaturschwankungen.
  • Prüfen Sie die Profiltiefe mit einer Münze oder einem Profilmessgerät. Winterreifen benötigen in der Regel mindestens 4 mm, um auf Schnee eingesetzt werden zu können.
  • Halten Sie Ihre Reifen bei der Lagerung sauber, um Rissbildung und Trockenfäule zu vermeiden.
  • Verwenden Sie luftdichte Aufbewahrungsbeutel, um das Gummi zu schützen, wenn Sie sie zu Hause lagern.

Sollte man im Sommer mit Winterreifen fahren?

Kann man im Sommer mit Winterreifen fahren? Technisch gesehen, ja. Doch sollten Sie es wirklich tun, besser nicht!

Die Nachteile liegen auf der Hand:

  • schnellerer Verschleiß
  • schlechtere Haftung
  • geringerer Kraftstoffverbrauch
  • größeres Risiko in Notfällen
  • höhere langfristige Kosten

Winterreifen im Sommer können sich aktiv gegen die Sicherheitssysteme Ihres Fahrzeugs richten und Sie mit der Zeit mehr Geld kosten.

Möchten Sie die Dinge einfach angehen, dann empfehlen sich dafür Ganzjahresreifen sehr gut. Wenn Sie jedoch die beste Leistung und das beste Preis-Leistungs-Verhältnis herausholen möchten, sollten Sie zwischen saisonalen Reifensätzen wechseln.

Mit den richtigen Reifen für die jeweilige Jahreszeit sind Sie auf der Straße sicherer unterwegs, und das ist mehr wert als jede Abkürzung.